9 Monate hält uns die Pandemie jetzt auf t. Mal mehr, mal weniger aber nichtsdestotrotz mit massiven Auswirkungen auf unser aller Leben. 2013 haben wir alle über unsere Bundeskanzlerin und ihren Spruch „Das Internet Ist Fur Uns Alle Neuland“ gelacht. Nein, wir sind doch ein Volker von „digital Natives“ und wissen mit dem Internet im Schlaf umzugehen. Hach, haben wir alle gelacht. Und Memes gebastelt. Unsere Kanzlerin…
Wissen „wir“? – Wenn das so ist, wieso hat ein Großteil immer noch Probleme an einer Telefonkonferenz teilzunehmen oder eine Videokonferenz nicht durch ihr unsägliches Geschnaufe zu nerven? Ein Großteil der Lehrer schafft es nicht Onlineunterricht durchzuführen. Und das sind keine „Anfangsprobleme“, wir sind nun 9 geschlagene Monate in einer Pandemie. Zweitausendzwanzig. Nicht 2013!
Ja, sicher haben wir alle eine Rechenmaschine in der Hosentasche, welche jedes informationsverarbeitende Unternehmen noch vor 20 Jahren als grösseren Server verwendet hätte. Aber die Fähigkeit diese Geräte auch als Werkzeug zu verwenden, die fehlt flächendenkend. Sicher, die Ursachen für das digitale Defizit in Deutschland ist vielfältig, aber eins ist sicher: „Jemand anderes“ ist nicht dran schuld.
Und wenn die Pandemie eins eindrucksvoll gezeigt hat, dann das Frau Merkel 2013 nicht nur recht gehabt hat, sondern dass es auch 2020 noch gültig ist. Auch das ist durchaus Lustig und wir sollten gemeinsam über alle lachen, welche 2013 gelacht haben. Also über uns selbst.
Nun, was hat das ganze mit Brettspielen zu tun. Nun, die gleichen Symptome beobachte ich in der Brettspiel-Community. Sicher, ein „digitaler“ Spieletreff kommt nicht nicht an einen „echten“ Treff heran. Ja, am PC gemeinsam ein Brettspiel zu spielen (oder gar zu lernen), ist mühsam und teilweise auch umständlich. Aber welche Alternative bleibt? Als das Wetter noch besser war konnte man sich prima auf der Terrasse treffen und wie gewohnt zusammen Spielen. Das ist nun schwieriger, wenngleich technisch nicht unmöglich scheitert es denn an der Vernunft der Mitspieler, welche allesamt keine „Coronaparty“ feiern möchten. Wie auch ich nicht.
So sitzen wir alle Zuhause und versuchen uns „virtuell“ oder „digital“ zu treffen. Das ist schon die erste Schranke die wir überwinden müssen. Während man sich normal auf das Fahrrad schwingt oder ins Auto steigt, muss man sich mit seinem Telefon in eine Videosession einklinken. Da ist nicht jeder bereit zu und es hat auch noch gar nicht jeder die technischen Vorraussetzungen. Zumindest in meiner Blase ist die technische Voraussetzung überall gegeben. Alle haben eine Smartphone oder Tablett, auf dem Zoom (was wir verwenden, weil es *einfach* ist) läuft. Ja, es gibt ganz viele Lösungen, die „Gamer“ schwören auf Discord, die „Maker“ auf Jitsi, andere auf Big Blue Button. Wir benutzen das, was am besten für alle funktioniert. Und da hat sich Zoom durchgesetzt. Es funktioniert einfach und das ist wirklich ein zentraler Aspekt. Dazu ist es für Teilnehmer kostenlos (ja, sogar ohne Registrierung) – und lediglich der Host benötigt einen Account (Der idealerweise auch ein premium Account ist). Ansonsten ist Zoom für die Teilnehmer völlig unkompliziert und läuft auf quasi jedem Gerät. (ja, es gibt bestimmt auch Pistolen-Stories wie böse und schlecht Zoom ist, es ist einfach nicht meine Erfahrung)
Nachdem man sich nun mit seinem Handy oder Tablett gemeinsam eingefunden hat, stellt sich das Problem, das man nun zusammen auf einer Plattform einfinden muss um dort gemeinsam zu spielen. Tabletopia, Tabletop Simulator, Yucata, Boardgamearena, Brettspielwelt und man möglich mir verzeihen, es gibt noch zahlreiche weitere Plattformen. Und hier fängt die Qual der Wahl bereits an. Die Plattformen haben unterschiedliche Vorraussetzungen und verfolgen unterschiedliche Philosophien das Erlebnis „Brettspielen“ zu übermitteln.
Und hier kommt die nächste Barriere: Zum einen haben die Plattformen von der „usability“ (ein Maß für die Nutzbarkeit von Software) durchaus unterschiedlich. Manche sind da intuitiver, andere eher weniger. Zum anderen sind dich technischen Vorraussetzungen teilweise nicht unerheblich. Selbst auf meinem rel. aktuellen iMac 2019 mit Hexa-Core, 40 GB RAM und Radeon Pro 580X macht nicht jeder dieser Platformen wirklich Spass. Ihr braucht das jetzt nicht googeln, sondern Quintessenz ist: Wir brauchen ein Stück Hardware, einen Computer mit dem wir die Spiele spielen. Also jeder braucht seinen eigenen. Und hier kommen wir zum eigentlichen Thema dieses Artikels.
Nicht jeder hat einen potenten Rechner zuhause und auch nicht jeder ist bereit einen „Gamer-PC“ zu kaufen um Brettspiele in der Pandemie zu spielen, welcher schnell einen 4-stelligen Betrag kostet. Also habe ich ein Experiment „gewagt“: Ich habe mich gefragt, ob man einen Raspberry Pi dazu verwenden könnte. Und wenn ja, wie gut geeignet ist das Teil.
Erstmal: Was ist ein „Raspberry Pi“ überhaupt. Die „cracks“ wissen das natürlich, aber in einfachen Worten ist es ein Kleinstcomputer, der Ursprünglich zum Lernen gedacht ist und nicht auf maximale Geschwindigkeit, sondern darauf das dieser Computer sich jeder Leisten können soll. Wer mal selber schauen möchte, schaut direkt auf der Webseite der Raspberry Foundation.
Das „Topmodell“ bietet für €57,43 (Preis: Rasppishop.de, 31.10.2020) folgende Hardwareausstattung:
- 4 GB RAM
- Quad-Core 1,5 GHz ARM CPU
- 2x HDMI
- USB, WLAN, Bluetooth, GBit Netzwerk
Oder in einfachen Worten: Auf dem Papier ein erstaunliches Stück Hardware, auf der Größe einer Kreditkarte.
Bekommt keinen Schock, das ist „nur“ der nackte Rechner. Was man dazu noch benötigt:
- SD Karte („Festplatte“)
- Stromversorgung
- USB Tastatur
- USB Maus
- Monitor (DVI/HDMI, ggf. sind Adapter notwendig)
- ggf. Netzwerkkabel (wenn man kein WLAN nutzen möchte)
- ggf. Gehäuse (Geschmackssache 🙂 )
Das „rundum Sorglospaket“ wird aktuell im obigen Shop für €103,32 angeboten. Geht man davon aus, das man noch eine Tastatur, eine Maus und einen Monitor zuhause rumstehen hat, braucht man max. noch den Mini-HDMI Adapter um einen normalen Monitor mit HDMI o. DVI anzuschliessen (~ €5,- ).
Hat man das nicht, würde ich empfehlen sich auf ebay einen günstigen Monitor (19-22 Zoll), sowie USB Maus & Tastatur zu schiessen. Alles in allem kommt man mit €150 für das komplette Setup hin.
Im obigen Setup ist die SD-Karte bereits mit „NOOBS“ installiert, so das man quasi sofort loslegen kann. Wer sich eine leere SD Karte hat (z.B. weil man sie noch rumfliegen hat, oder weil man sie günstig irgendwo geschossen hat), installiert diese von einem Windows, Mac oder Linux-PC über einen SD-Kartenleser (siehe hier).
Wenn ihr euch fragt, was soll ich installieren? – „Raspbian Desktop“ ist die Antwort.
Die Einrichtung ist geführt und man muss den (neuen) Benutzernamen & Passwort sowie die WLAN Logindaten angeben und dann kann man auch schon loslegen.
Was geht: Portale wie
- Yucata.de
- Boardgamearena.com
- Brettspielwelt.de
und weitere, ähnlichen Web-Seiten funktionieren ohne Einschränkung und lassen sich auch ordentlich bedienen und man kann wirklich flüssig spielen.
Anspruchsvollere Portale wie Tabletopia oder Tabletop Simulator funktionieren, wie zu erwarten war, nicht. Immerhin kommt man nichtmal in die Verlegenheit es „irgendwie“ probieren zu wollen, um dann nach langer Quälerei zur Erkenntnis zu kommen, dass es einfach keinen Sinn macht. Über die Vor- und Nachteile er unterschiedlichen Ansätze Spiele auf den „virtuellen Tisch“ zu bekommen, spreche ich dan dieser Stelle nicht. Das kommt vielleicht in einem nächsten Artikel.
Fazit: Für doch sehr kleines Geld, lässt sich eine „Corona Spielestation“ erstellen, die zuverlässig funktioniert und sogar Spass macht. Ganz nebenbei beschäftigt man sich spielerisch mit „dem Internet“, was ja gar kein Neuland ist. Man lernt etwas über Computer und lernt etwas dazu. Und vielleicht sagt der ein oder andere 2021 ja, „ja, das Internet ist Neuland, aber ich lerne ständig dazu und entdecke es immer mehr“.
„Das Internet“ ist nämlich kein Land. Es ist eine Technologie und diese sollte jeder, der sie benutzt auch verstehen und beherrschen. Wir können davor stehen bleiben und stagnieren, oder wir nehmen die Herausforderung an und machen das beste draus. Die Entscheidung liegt bei jedem einzelnen. Wer sich nicht auf den Weg macht, wird zweifelsohne irgendwann abgehängt sein. Lasst es nicht dazu kommen!
Kleiner Korrektur: Es gibt unterschiedliche Starterkits. Das von mir referenzierte ist inklusive Tastatur, Maus und HDMI Adapterkabel und den 2 GB Raspberry Pi sowie ein gedrucktem „Beginners Guide“. Ein Starterset mit Pi4 (4GB), 16 GB SD Karte, Gehäuse und Netzteil gibt es ab ~78 Euro. Für 150,- Euro bekommt man somit schon ein Dual-Screen Setup hin, wenn man 2 günstige Monitor auf ebay findet.